Trotz Aussetzung durch BGH: Mehrere Senate entscheiden in charge-back Verfahren
Der 21. Zivilsenat des OLG Hamm, der 1. Zivilsenat des OLG Koblenz und der 6. Zivilsenat des OLG Nürnberg lehnten eine Aussetzung er bei Ihnen anhängigen charge-back Verfahren wegen des anhängigen EuGH-Verfahrens in der Rs. C-440/23 ab. Das ist insofern beachtlich, als die jeweiligen Entscheidungen zeitlich nach der Entscheidung des I. Zivilsenats des BGH vom 10.01.2024 ergangen sind, mit der der BGH ein bei ihm anhängiges charge-back Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt hat.
Der 21. Zivilsenat des OLG Hamm vertritt die Ansicht, dass sich im Streitfall keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts stelle, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt sei. Der EuGH habe bereits entschieden, dass es Sache der nationalen Gerichte sei, nationale Maßnahmen im Glücksspielsektor im Einzelfall zu prüfen. Die Vorlagefragen seien zudem auch nicht vorgreiflich. Selbst wenn das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV europarechtswidrig sei, wären die Glücksspielbetreiber gehalten gewesen, eine eigene Erlaubnis zu beantragen. Selbst bei unterstellter Unionrechtswidrigkeit fordere das Europarecht weder eine Duldung noch eine voraussetzungslose Genehmigung der Veranstaltung und Vermittlung von Online-Glücksspielen, sondern lediglich die Prüfung sowie Bescheidung hierauf gerichteter Erlaubnisanträge. Genau das hatte im Übrigen auch der BGH in den Beschlüssen vom 8.11.2023 (Az. I ZR 79/22 und I ZR 148/22) so gesehen!
Der 1. Zivilsenat des OLG Koblenz sieht ebenfalls keine Notwendigkeit für eine Aussetzung. Es fehle bereits an einem Vorlageerfordernis. Das Verbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 habe den Zweck, den besonderen Gefahren von Glücksspielen im Internet entgegenzuwirken, und sei mit dieser Zielrichtung von der höchstrichterlichen europäischen und deutschen Rechtsprechung bereits als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen worden. Es sei aufgrund fehlender Harmonisierung des Glücksspielrechts Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesem Bereich im Einklang mit ihrer Werteordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben. Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt habe, könne keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit nehmen.
Der 6. Zivilsenat des OLG Nürnberg schloss sich der Rechtsauffassung der beiden anderen Senate an.